von Luis Meque
Maler, Simbabwe
Mischtechnik/Papier,
114 x 86 cm,
Holzrahmen mit Glas, 119,5 x 91 cm
Provenienz:
Gallery Delta, Harare, Simbabwe 1996
59 Pinselstriche
Nur 59 Pinselstriche braucht der afrikanische Expressionist Luis Meque für die Darstellung eines Paars. In seinem 1991 geschaffenen Gemälde „Couple II“ – wie auch in zahlreichen anderen Bildern – zeigt sich der Maler aus Simbabwe als ein Meister der Reduktion. In kühnen Strichen entwirft er das Bildnis einer modernen menschlichen Beziehung – atmosphärisch dicht, voller Bewegung, unstet. Die Rückenfiguren bewegen sich weg vom Betrachter, einer Ferne entgegen, die nur ihnen zu gehören scheint.
Andere Personen sind nicht im Bild. Ihre Körper fließen regelrecht ineinander in den Farbschattierungen von rot, blau und ocker. Es gibt keine Perspektive oder erkennbaren Hintergrund. Die linke Person schreitet ausgreifend nach vorne, die rechte anschmiegsam an den Partner gelehnt – offenbar Mann und Frau. Wohin sie gehen, welche Zukunft sie haben, weiß niemand. Vielleicht sind es Städter, vielleicht haben sie vor, nur für eine Nacht zusammen zu sein.
Auch im heutigen Afrika lösen sich die alten Bindungen. Die Großfamilie gibt es nur noch auf dem Lande oder vereinzelt. Die Menschen, die in Städten ihr Glück versuchen, sind auf sich selbst angewiesen. Oft landen sie in Slums, versuchen zu überleben, indem sie sich als Handlanger anbieten, kriminelle Auftragsarbeiten durchführen oder sich prostituieren. In den Kneipen der Metropolen trifft man sich, verharrt bis spät in die Nacht, um kurzweilige Ablenkung zu finden oder Trost in einer Frau, die ihren Körper bis zum folgenden Morgen freigibt.
Luis Meque hat alle Situationen, die er darstellt und in die ein Großstadtmensch geraten kann, selbst erlebt. Zurück vom nächtlichen Leben in Kaschemmen und Nachtclubs von Mufakose griff er oftmals auf der Veranda der Galerie Delta ungestüm zum klobigen Malerwerkzeug, um auf dem Boden kniend die Eindrücke des Vortags auf Packpapier zu bannen. Mit kraftvoller, sicherer Handschrift betätigte er den farbtriefenden Pinsel, der beabsichtigte Verlaufsspuren auf dem Bildträger hinterließ. Großzügig im Einzelnen und dennoch mit präzisem Blick für die Gesamtkomposition und Wirkung eines Bildes übersetzte er seine Erfahrungen in unnachahmliche, energiegeladene Zeugnisse unserer Zeit.
Die Arbeiten von Luis Meque erschließen sich für unsere Augen scheinbar einfach, sind wir doch gewohnt, die Bildsprache der Expressionisten des frühen 20. Jahrhunderts zu lesen und zu interpretieren. Wir vergessen dabei schnell, dass allein der Begriff "Expressionismus" eigentlich nur ein Notbehelf ist, um ganz unterschiedliche Vertreter verschiedener Länder und Gattungen unter einer Stilepoche zusammenzufassen. Die Abweichungen in der Sicht der Welt, der Themenwahl und der Ausdrucksformen sind zwischen den deutschen Künstlern ebenso groß wie die anderer in verwandter Weise arbeitenden Künstler in Europa.
Zu einem stark verbindenden Element gehört dagegen der Ausdruck eines subjektiven und spontan wiedergegebenen Gefühls und die Verformung der sichtbaren Wirklichkeit in der Bilddarstellung. Auf dieser allgemeinen Ebene begegnen sich europäische und afrikanische Expressionisten. Auch Luis Meques Arbeiten zeichnen sich durch hohe Emotionalität und Verfremdung der Realität aus, doch seine Bildmotive findet er in den Gegenwartsproblemen des eigenen Kontinents und seine Handschrift ist absolut einzigartig.
Michael Drechsler
Die Arbeiten von Luis Meque sind zur Zeit zusammen mit Assemblagen und Objekten von Charly d'Almeida in der Ausstellung "AFRIKA HEUTE!" im Museum der Völker in Schwaz, Österreich zu sehen.
Mehr über die Ausstellung erfahren Sie auf der Seite "Kunstwerk des Monats Oktober 2013"